Glocke - Projekt Stefan Klein - mehr lesen

Glocke - Projekt Stefan Klein - mehr lesen

Der Ausgangspunkt von Stefan Kleins Arbeit ist das reparaturbedingte Ausbleiben des Glockenläutens in der Barfüßerkirche in Augsburg. Anstatt diesen Glockenton einfach zu ersetzen, wird in einer zurückgenommenen und bescheidenen Geste die Leerstelle auf eine Art und Weise gefüllt, die das Ausbleiben betont und unterstreicht.
Vor Ort erklingt nun zu den gewohnten Zeiten im Glockenturm eine Tonaufnahme der Glockenklänge, bei der zuvor der Frequenzbereich, der vom Menschen in der Regel akustisch wahrgenommen wird, herausgefiltert wurde. Was ins menschliche Ohr dringt, sind akustische Signale, die der Körper zwar wahrnimmt, die aber an unserer Gewissheit vorbeischleichen. Es ist der Körper, der mehr mitbekommt, der auf etwas reagiert, eine Wirkung erfährt, die unserem Bewusstsein ein Geheimnis bleibt. 
Was hören wir also, wenn wir nichts hören? Erfolgt das Hören über die Vorstellung des Vorhandenseins des Tons? Reicht der Glaube daran, um ihn wahrnehmbar zu machen, oder nehmen wir unterbewusst auch leiblich die Frequenzen und Schwingungen wahr?
Dem (öffentlichen) Raum wird etwas wieder zurückgegeben, ohne akustisch etwas hinzuzufügen. Ein Signal, das außerhalb der unmittelbaren hörbaren Wahrnehmung existiert.
Während vor Ort die Leerstelle betont wird, wird ergänzend dazu das Läuten der Glocke der Barfüßerkirche als Klingelton für das Handy zum Download zur Verfügung gestellt. Der reale Glockenton, der nicht mehr direkt an der Kirche wahrnehmbar ist, wird in den öffentlichen und privaten Raum weit über den unmittelbaren Ort des Kirchengebäudes digital gestreut. Die Zufälligkeit der Anrufe bestimmt nun den zeitlichen Takt, der von einem vereinzelten Läuten bei einem Spaziergang im Wald bis zu einem zufälligen Glockenorchester auf einem öffentlichen Platz in einer anderen Stadt reichen kann. Es spannt sich ein globales Netz, das unzählige Leute durch diesen Ton verbindet.